Energie und Netzrückwirkungen

Fachhochschule Kiel: Institut für Elektrische Energietechnik, Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Hinrichs

Anhand der Analyse und Bewertung der entstehenden Netzrückwirkungen durch die FESH-eHighway-Anlage sollen der Effekt der Anlage auf das öffentliche Stromnetz eingeschätzt und im Anschluss eine Netzausbaustrategie für die mögliche Erweiterung des eHighways entwickelt werden können. 

Hintergrund

Die Energiespeisung der eHighway-Anlage erfolgt über das öffentliche elektrische Netz. Dabei beziehen die OH-Lkw elektrische Energie über Oberleitung in Form von Gleichstrom. Die Oberleitung wird wiederum durch sog. Gleichrichterunterwerke gespeist, die die wechselstromseitige Energie aus dem öffentlichen elektrischen Netz in gleichstromseitige Energie wandeln. Durch das Gleichrichten des Wechselstroms entstehen Netzrückwirkungen, die den Einfluss des Verbrauchers auf die Stabilität des öffentlich elektrischen Netzes in Form von Spannungseinbrüchen, Oberschwingungen, Flicker etc. zur Folge haben. Die Analyse und Bewertung der Netzrückwirkungen im Zusammenhang mit dem eHighway-System wird Aufschluss darüber geben, welchen Einfluss die Gleichrichterunterwerke auf das öffentliche elektrische Netz haben.

Das Konzept der Oberleitungsspeisung der eHighway-Anlage wurde aus den Bereichen von Straßenbahnen und Oberleitungsbussen übernommen. Der Einsatz der Gleichrichtertechnik soll eine stabile und zuverlässige Versorgung sicherstellen. Aufgrund der geographischen Gegebenheiten besteht in Schleswig-Holstein ein hoher Anteil an erneuerbaren Energieanlagen, die i.d.R. über Umrichtertechnik in das öffentliche elektrische Netz einspeisen. Vor dem Hintergrund, dass ein Umrichter vergleichsweise weniger Netzrückwirkungen als ein Gleichrichter emittiert, soll erforscht werden, welche Technik (Gleichrichter/Umrichter) sich in Bezug auf Netze mit einem hohen Anteil an erneuerbarer Einspeisung besser eignet. Die Grundlage hierfür bilden die Bewertung und Analyse der Netzrückwirkungen sowie die Ermittlung der Energieeffizienz beider Technikvarianten.

Für eine mögliche Erweiterung einer solchen eHighway-Anlage ist ferner eine entsprechende Netzausbaustrategie notwendig. Dazu gehört die Ermittlung notwendiger Netzanschlusspunkte sowie der dazugehörigen Netzanschlusskosten. Hierzu werden in Zusammenarbeit mit dem ansässigen Netzbetreiber die Strecke zwischen Hamburg und Lübeck in Bezug auf mögliche Anschlusspunkte untersucht und darauf aufbauend die Netzanschlusskosten für die Netzintegration der Gleichrichterunterwerke ermittelt.

Analyse und Bewertung der ausgehenden Netzrückwirkungen der Unterwerke

Für die Erfassung und Validierung von Strom- und Spannungsverläufen werden auf Mittelspannungsebene sowie auf Gleichspanungsebene an drei ausgewählten Messpunkten im Bereich der Unterwerke und des Netzanschlusspunktes Messungen durchgeführt. Zur Messdatenerfassung werden Spannungs- und Stromwandler eingesetzt.

Netzqualität und Netzstabilität

Die Auswertung der Leerlaufmessung (Ist-Zustandserfassung) hat gezeigt, dass die Emissionsgrenzwerte des Mittelspannungsnetzes derzeit weit unterhalb des zulässigen Bereiches liegen. Netzqualitätskennzahlen beschreiben den Zustand und die Güte des Netzes.

Die Auswertung der kumulativen Verzerrung für Strom in der Mittelspannungsebene für eine OH-Lkw-Fahrt im Lastfall zeigt, dass der Betrieb kaum negative Auswirkungen auf die Netzqualität hat.

Technikvergleich zwischen Gleichrichter und Umrichter für den Einsatz in Netzen mit hohem erneuerbaren Energieanteil

Für einen Technikvergleich werden in der Untersuchung die ausgehenden Netzrückwirkungen beider Unterwerke (Gleichrichter und Umrichter) gegenübergestellt. Verschiedene Belastungsszenarien werden durchlaufen, um neben dem Spannungsverhalten auch netzspezifische Effekte (Systemdienstleistungen) des Mittelspannungsnetzes aufzuzeichnen und auszuwerten.

Ferner werden Energiebilanzen verschiedener Belastungsszenarien aus Langzeitmessungen für beide Techniken (Gleichrichter und Umrichter) erstellt.
Neben dem technischen Vergleich steht die Frage, inwieweit der Umrichter das Netz dynamisch unterstützt und Stromreserven kurzfristig bereitstellen kann, um Netzschwankungen auszugleichen.

Ausführungszeichnung des Umrichterunterwerkes und seiner Hauptkomponenten
  1. 30-Fuß-Stahl-Container HC
  2. Umrichterschränke
  3. Messgeräteschrank
  4. Mittelspannungsschaltanlage
  5. 30-kV-Transformator
  6. Kühlungsanlage
  7. Blockfundamente
  8. Erdungsanlage
  9. Haupterdungsschiene

Entwicklung einer Netzausbaustrategie

Eine Analyse der Anschlussmöglichkeiten von Gleichstromunterwerken ans öffentliche elektrische Netz zwischen Hamburg und Lübeck soll erste Hinweise darauf geben, welche Abschnitte sich für eine nähere Betrachtung eines Systemausbaus eignen könnten. Dabei werden u. a. die Netzanschlusskosten in Bezug auf die geeigneten Netzanschlusspunkte und auf die Spannungsebene des Netzbetreibers ermittelt.

Für die Entwicklung einer Netzausbaustrategie wird eine 34 km lange Strecke zwischen Hamburg und Lübeck betrachtet:

Zwischenläufige Untersuchungen ergaben, dass sich 26 km der insgesamt 34 km langen Strecke netzseitig für einen Oberleitungsausbau eignen, ohne dass größere Herausforderungen überwunden werden müssen. Hierbei sei angemerkt, dass eine Oberleitungsanlage wie der eHighway nicht zwangsläufig flächendeckend ausgebaut werden muss, sofern Streckenabschnitte vorliegen, deren Versorgung ggf. aus dem öffentlichen Stromnetz über naheliegende Ortschaften sichergestellt werden kann.

Nähere Betrachtung eines exemplarischen Abschnittes

Ein geeigneter Netzanschluss liegt bspw. im Ort Meddewade. Dieser würde sich für die Stromversorgung eines Oberleitungsabschnittes von 5,2 km Länge zwischen Bad Oldesloe und Klein Barkau eignen. Weitere Voraussetzungen für eine solche Systemerweiterung bilden die Herstellung eines Netzanschlusspunktes (NAP) sowie die Verlegung einer Mittelspannungsleitung (zwischen dem Ort Meddewade und dem NAP sowie zwischen den Gleichstromunterwerken). Die Verlegung der Mittelspannungsleitung von insgesamt 3,8 km Länge würde für einen solchen exemplarischen Abschnitt ausreichen.

Zwischenläufige Untersuchungen ergaben, dass sich 26 km der insgesamt 34 km langen Strecke netzseitig für einen Oberleitungsausbau eignen, ohne dass größere Herausforderungen überwunden werden müssen. Hierbei sei angemerkt, dass eine Oberleitungsanlage wie der eHighway nicht zwangsläufig flächendeckend ausgebaut werden muss, sofern Streckenabschnitte vorliegen, deren Versorgung ggf. aus dem öffentlichen Stromnetz über naheliegende Ortschaften sichergestellt werden kann.

Möglicher Streckenausbau (Kartengrundlage und Kartendaten © OpenStreetMap-Mitwirkende)